Stellungnahme zum Bebauungsplan Kommunikationszone

Bis zum 14.01.2021 kann im Rathaus oder unter Stadt Garching – Bebauungsplan Nr. 171 „Kommunikationszone“ der Bebauungsplan für die Kommunikationszone eingesehen und kommentiert werden.

Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange gemäß §§ 3 Abs. 2 und 4 Abs. 2 BauGB – Stellungnahme zu Beb.Pl. 171 – Rainer Wundrak:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sehr geehrte Damen und Herren,

Es ist schon verwunderlich, dass die Planung 8 Jahre nach Festlegung in einem Wettbewerb, in Ihren Grundzügen fast unverändert in die Realisierung gehen soll. Die Welt ändert sich. Es gibt weltweit und regional Beschlüsse zum Klimawandel. Auch wenn es einige positive Ansätze gibt, verharrt Garching doch weitgehend auf den damaligen Festlegungen und hat die Zeit nicht für Veränderungen genutzt. Die Universitätsstadt setzt weiter auf ein überholtes KFZ-Verkehrskonzept und bremst die Stromerzeugung via Fotovoltaik weiter aus.

Im übrigen vermisse ich im Text der Bekanntmachung über die öffentliche Auslegungein Hinweis auf die Möglichkeit der Stellungnahme, die ja einer der wichtigen Gründe für die Auslegung ist. Hier wäre mehr Transparenz wünschenswert.

Die Stellungnahme im Einzelnen:

Sicherheit

1) Schulweg

Statt die Schule ins Zentrum des künftigen Schulsprengels zu rücken, wurde sie in Randlage des Baugebiets und der Wohnbebauung situiert, was für die nachstehend genannten Problem mit verantwortlich ist.

Es ist nicht erkennbar, dass die Sicherheit der Schüler vor der Grundschule ausreichend gewährleistet ist. Durch den Busstop und Wendeplatz westlich des Schulareals, verbunden mit einem Schulbusparkplatz, verschiedenen Geschäften und Einrichtungen in diesem Bereich, der als Schnittstelle zwischen Wohnen und Forschen bezeichnet wird, ist die große Gefahr gegeben, dass es an dieser Hauptverkehrsader (über 5500 Fahrzeuge/Tag) zu Problemen bei der „Anlieferung“ von Schulkindern im PKW kommt.
Auch die abknickende Straße trägt dazu bei, dass hier Unfälle passieren können. Ein fußläufiger Zugang von Süden erscheint eher unwahrscheinlich, weil dort wohl die Sporteinrichtungen entstehen werden und die verkehrliche Situation kaum günstiger ist (Kreuzung auch durch Fahrradmagistrale).

Es wird in der Begründung festgestellt, dass für „Kiss and Ride“ im Vorbereich der Schule ausreichend Platz sei. Aber damit hat der Planer das Problem nicht verstanden. Mit der Begünstigung von „Elterntaxis“ entstehen erst Unfallgefahren. Wenn man meint auf Hol-und Bringzonen nicht verzichten zu können, dann sollten diese ein paar Hundert Meter von der Schule entfernt sein.
Der Beweis dafür, dass das angesprochene negative Szenario nicht eintritt, sollte deshalb durch eine entsprechende fachliche Detailplanung, gemeinsam mit der Schulbehörde, schon jetzt angetreten oder die Beb. Planung verändert werden.

Dies hat auch Bedeutung für die Planung der Schule, deren Eingangsbereich wohl noch nicht feststeht.

2) Gefahrenlage durch technische Ereignisse

Die Nähe der geplanten Schule zu dem Hochschul-und Forschungsbereich fördert in keiner Weise die Kommunikation, sondern setzt die Schule mit Kindern und Lehrern unnötig evtl. Gefahren aus diesem Bereich aus, die nicht nur den Reaktor betreffen, sondern auch andere denkbare Ereignisse durch technische Unfälle aus Chemie oder Physik. Dass die Betreiber des Reaktors Gefahren verneinen, ignoriert die Planung in unverantwortlicher Weise, als sich die Schule innerhalb der gültigen Evakuierungszone, das heißt Gefahrenzone von 2 km, befindet. Dem muss durch die Planung Rechnung getragen werden, wie das zum Beispiel im Verhältnis dazu banalen Dingen wie hohen Grundwasserständen, getan werden muss. Anderenfalls ist dies ein gravierender Abwägungsmangel. Dessen muss sich auch die Genehmigungsbehörde bewusst sein.

Versiegelung/Grünflächen

Auch die Breite der Planstraße 1 mit der Fahrbahn von 7,5 m trägt dazu bei, dass diese Straße als Schnellstraße wahrgenommen werden wird, auch wenn 30 Km/h vorgeschrieben werden sollten. Dem MVV würde eine Breite von 6,50 m genügen. So sollte sie auch ausgewiesen werden und nicht breiter als eine Bundesstraße. Die Verschmälerung könnte auf der Südseite zu Gunsten eines Grünstreifens erfolgen.

Mit der Überbreite der Planstr 1, der durch den Begriff „großer Boulevard“ herausgehoben wird, aber auch der Planstraßen 2 und 3 wird die Dominanz des Kfz-Verkehrs betont. Auch für den Platz am Knick von Planstr. 1 und 2 erschließt sich der Sinn nicht, als mit Bäumen garnierte befestigte Fläche. Der in der Begründung verklausoliert genannte Zweck „innere Erschließung“ heißt doch nichts anderes als „Parkplatz“. Da könnte besser Grünfläche generiert werden. Während die Grünflächen nur einen Anteil von ca 14% aufweisen, sind es für den Verkehr fast 18%. Damit ist das selbst gesteckte Ziel einer flächensparenden Bauweise und Minimierung der Versiegelung nicht erreicht, auch wenn dies in der Begründung behauptet wird. Dafür hätte es einer völlig anderen Verkehrsstruktur bedurft, die offensichtlich aber nicht gewollt war.

Der häufig in der Begründung verwendete Begriff der „Nachhaltigkeit“ entspricht meist nicht der Planungswirklichkeit, sondern ist ein Placebo zur Legitimation der Planung. Zumindest sollten die verkehrsberuhigten Bereiche auf alle Straßen außerhalb von Planstr. 1 und 2 ausgedehnt werden.

Öffentlicher Weg

Der in Verlängerung des Daxenäckerweges ausgewiesene Eigentümerweg sollte als öffentlicher Weg gekennzeichnet werden, weil er als solcher in der Praxis wahrgenommen wird und sich ansonsten mit Winterdienst und dergleichen Konflikte mit den Anliegern ergeben könnten. Da er auch als Schulweg in Betracht kommt, sollte auch die etwas östliche Fuß-und Radweg-Verlängerung mindestens 4 m breit werden.

Fahrradstellplätze

2018 wurde eine eigene Fahrradabstellsatzung (GAFSTS) erlassen. Dadurch, dass in der Bebauungsplansatzung eine Sonderbestimmung erlassen werden soll, würde die Fahrradabstellsatzung praktisch aufgehoben. Dass dies hier wohl nicht beabsichtigt war, sollte klar gestellt werden. Denn die Ziffer 1 von §11 verweist auf eine Anlage, die hier nicht zu finden ist, wohl aber bei der GAFSTS. Die erweiternden Regelungen von § 11 Abs. 2 und 3 sollten aber beibehalten werden.

ÖPNV

Die längerfristige Option das Gebiet auch von Süden öffentlich zu erschließen (MVV), sollte durch entsprechende Wegebreiten gewährleitstet werden.

Einfriedungen/Vorgärten

Einfriedungen von Wohnungsgärten sollten nur als Hecken ohne Zaun zulässig sein. Die Funktionalität wird dadurch nicht eingeschränkt.
Einfriedungen von Vorgärten mit Zäunen sollten generell nicht zulässig sein, lediglich als Hecken bis zu einer Höhe von ca. 0,60 m (z.B.um Hunde abzuhalten).
Nach § 19 Abs. 5 soll ein Bepflanzungsgebot bei unbebauten Flächen, wie auch in anderen Bebauungsplänen, gelten. Dennoch greift auch in Garching die Unsitte um sich Vorgärten mit Schotter, Glasscherben oder ähnlichem der Natur zu entziehen. Das ist eine Art von Versiegelung, die Insekten und auch Vögel fern hält. Manche Bürger meinen anscheinend, dass eine Pflanze im Topf darauf stellen, dem Pflanzgebot Genüge täte. Dem sollte durch ein ausdrückliches Verbot in den Festsetzungen entgegen gewirkt werden. Entsprechendes gilt für die „Gabionenwände“.

Barrierefreiheit

Es wurde auf meine Anregung beschlossen zu versuchen eine Regelung zum barrierefreien Bauen im städtebaulichen Vertrag aufzunehmen. Ist es richtig, dass über die gesetzliche Regelung hinaus nichts im Vertrag vereinbart wurde und wenn ja, warum nicht. Ich vermute den gleichen Grund wie bei Solaranlagen: Die Eigentümer wollten das einfach nicht.

Energie

1) Fotovoltaik

In der Begründung sind „als Beitrag zu ökologischen Zielsetzungen technische Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie….“ zugelassen. Also das, was im ganzen Stadtgebiet jetzt schon selbstverständlich ist, wird als Besonderheit dargestellt. In der Industrie nennt man das Greenwashing.. Es war nach meinem Einwand vom Stadtrat beschlossen worden mit den Grundeigentümern über die Fotovoltaik auf den Dächern im Städtebaulichen Vertrag zu verhandeln. Wer so in Verhandlungen geht, ohne etwas bieten zu können, hat doch schon verloren. Der Verwaltung war sich also bewusst, dass dies nur ein zahnloser Beschluss war. Erwartungsgemäß steht in der aktuellen Begründung zum Bebauungsplan, dass die Verträge nicht darauf eingehen.
Da das neue Gebäudeenergiegesetz keine strengeren Maßstäbe für den Energieverbrauch ansetzt, als die alte EnEV, ist zu befürchten, dass wegen der Anrechenbarkeit der Geothermie bei den Gebäuden die Wärmedämmung hinter dem Möglichen zurückbleibt und unter dem Strich, die auch von der Stadt Garching beschlossenen längerfristigen Einspar-Ziele hier auf der Strecke bleiben.

Schon aus diesem Grund müssten auf allen Dächern Solaranlage montiert werden. Der allgemeine Ruf nach Elektroautos geht leider nicht einher mit der Forderung nach mehr regenerativem Strom. Der „Strom aus der Steckdose“ ist immer noch das gültige Bild für unsere Energiezukunft. Garching hat es aber in der Hand an einem der vielen kleinen notwendigen Schräubchen zu drehen, aber auch um der Selbstverpflichtung in verschiedenen Absichtserklärungen Rechnung zu tragen.

Zu einer Möglichkeit, nämlich einer Festschreibung von Fotovoltaik im Bebauungsplan nach § 9 Abs.1 Nr. 23b hat die Verwaltung selbst ihre Bedenken präsentiert „als ganz konkrete Maßnahmen, wie etwa die Verwendung von Photovoltaik auf Dachflächen vorgeschrieben“ hätten werden müssen und damit aber die „Spielräume eingeengt“ würden. Zu Gunsten dieser Spielräume hat die Verwaltung also lieber ganz auf Fotovoltaik verzichtet, auch in der Kenntnis, dass der Stadtrat ansonsten sehr frei mit Befreiungen umgeht, also auch da ein Instrument hätte um evtl. „Spielräume“ zu nutzen.

Da wohl die Verhandlungen zu den Städtebaulichen Verträgen abgeschlossen sind, muss deshalb spätestens jetzt der Weg über den Bebauungsplan gegangen werden um darin Fotovoltaik fest zu schreiben, wie dies z.B. auch die Energie Agentur Ebersberg-München ( Garching ist über den Landkreis Mitglied) vorschlägt (50% der Dachflächen).
Dass das Land Bayern per Gesetz die Pflicht von Solaranlagen für Neubauten beschließen will, kann für dieses Projekt zu spät sein. Deshalb sollte der Stadtrat den Mut haben jetzt die Installation von Fotovoltaikanlagen auf den Dächern vorzuschreiben, auch mit der Begründung, dass mit der Hochschul-und Forschungslandschaft in Garching extreme Stromverbräuche einher gehen., die mit der Solarenergie teilweise kompensiert werden sollen.

2) Windenergie

Windenergieanlagen (z.B. Windräder) sollten neben Solaranlagen grundsätzlich auf Dächern ebenfalls zugelassen werden, auch wenn diese möglicherweise derzeit noch nicht effektiv sein sollten.

Offene Kamine

Offene Kamine dürfen nur gelegentlich betrieben werden und dürfen nicht der Wohnraumheizung dienen. Sie tragen aber einen nicht unerheblichen Beitrag zum Feinstaub bei. Oft werden auch nicht geeignete Brennstoffe verwendet, was das Feinstaubpotential noch erhöht. Deshalb sollte deren Nutzung allgemein untersagt werden.

Ich bitte um eine sorgfältige Stellungnahme. Die Verwaltung sollte es sich auch nicht zu leicht machen und auf evtl. frühere Entscheidungen des Stadtrats in gleicher Sache z.B. vom Juni 2018 zu verweisen. Wie eingangs erwähnt, haben sich die Zeiten geändert. Aber auch die Zusammensetzung des Stadtrats ist nicht gleich geblieben. Der Stadtrat und die Bürger haben einen Anspruch darauf die aktuelle Argumentation in Gänze zu kennen.

Mit freundlichen Grüßen.

Rainer Wundrak

 

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