„Grüne Querulanten“ – Kommentar zum Reaktor-Störfall Anfang 2020

Bis zum heutigen Tag sind nun Sage und Schreibe 8 Monate vergangen, bis wir endlich eine „ehrliche“ Aussage über die Einschätzung des atomaren Störfalls am FRM II in Garching letzten Jahres vorliegen haben. Wie viele von ihnen sicher noch in Erinnerung ist, war im Frühjahr 2020 das radioaktive Nuklid C14 versehentlich ausgetreten und hatte damit zu einer beträchtlichen Überschreitung des Jahresgrenzwert beigetragen (diverse Berichte wie hier bei der SZ sind nachzulesen). Wir GRÜNE hatten damals zum einen die Geheimnistuerei und die mangelnde Transparenz für die Bevölkerung, im speziellen der Anwohner in Reaktornähe, der Mitarbeiter auf dem Gelände, der Kindertagesstätte auf dem Campus und unsere Nachbargemeinde Dietersheim/ Eching moniert. Ebenso erschreckend empfanden wir die zeitliche Verzögerung (mindestens über einen Monat nach dem Vorfall, genauer weiß es niemand) des Betreibers diesen Störfall offiziell gemeldet und publik gemacht zu haben.  Schnell wurden wir als „Querulanten“ betitelt, die sich gegen die Forschung und den Campus stellen. „Wir sollten doch Vertrauen“ in den Betreiber des Reaktors setzen und die „Kirche im Dorf lassen“. Beschwichtigende Worte wie „das passiert schon mal“ oder „wo gehobelt wird fallen Späne“ konnten uns GRÜNE aber nicht daran hindern weiter zu recherchieren und zusammen mit unserer GRÜNEN Landtagsfraktion weiter nachzuforschen. Nun liegt es endlich faktisch sozusagen auf dem Tisch, 8 Monate nach dem ungewollten Austritt der erhöhten C14 – Strahlung: der Vorfall wurde nun „kleinlaut“ von Stufe „0“, die keine oder nur eine geringe sicherheitstechnische Bedeutung beschreibt, auf Stufe „1“ hochgestuft.

Dabei muss man wissen, dass diese Einstufung auf der Internationalen Bewertungsskala für nukleare und radiologische sicherheitsrelevante Ereignisse beruht, die eben von „0“ – maximal „7“ spezielle Störfälle und Atomunfälle anzeigt um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten. Wenn man sich dabei vor Augen hält, dass die Stufe „7“ einen katastrophalen Unfall beschreibt, wie es z.B. Tschernobyl seinerzeit war, beruhigt unsere Fraktion die Hochstufung in Kategorie „1“ keinesfalls.

Im Zeitalter künstlicher Intelligenz und vor allem im hochangesehenen Forschungsbereich unseres Campus darf es nun einmal keinen „Störfall“ aufgrund „menschlichen Versagens“ mehr geben!

Auch der Umstand, dass es bislang noch keine Alarmierungsübung mit den örtlichen Feuerwehren im Hinblick auf einen atomaren Störfall gab, beruhigt uns „Querulanten“ wenig. Wieder weise ich auch darauf hin, dass die geplante Großalarmierung im letzten Jahr nicht nur mangelhaft war, sondern dass man – selbst wenn sie geglückt wäre – in den Feuerwehren bislang überhaupt kein spezielles akustisches Signal dafür zur Verfügung hat. Ergo: die Bevölkerung kann gar nicht akustisch über ein sicherheitsrelevantes Ereignis durch Strahlung informiert werden. Sich dabei ausschließlich auf die KATWARN App zu verlassen erachte ich als großen Leichtsinn, denn nicht alle Bürger*innen haben einen kontinuierlichen Zugang zum Handy.

Forschung und Innovation ist für die Zukunft enorm wichtig! Auch und gerade für uns GRÜNE in Garching! Wir sind jedoch der Auffassung, dass dabei der Ausschluss der Gefährdung für die Bevölkerung das oberste Ziel muss. Diesen Anspruch werden wir auch weiterhin für unsere Mitbürger*innen und anliegenden Gemeinden einfordern. Daher fordern und erwarten wir, dass die Technik so angepasst wird, dass menschliches Versagen nicht mehr Auslöser eines Störfalles werden kann. Wenn beim Anschluss einer Filteranlage keine technische Einrichtung existiert, die einen Fehler melden kann, und dann nicht einmal das simple „Vier-Augen-Prinzip“ angewendet wird, darf man sich schon fragen ob die Reaktorsicherheit so gewährleistet sein kann.

Daniela Rieth, greenpeace, Stadträtin für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Garching

 

 

 

 

 

 

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