Mit „Alles ist eins. Außer der 0.“ haben die Garchinger Grünen im Theater im Römerhof die erste Präsenzveranstaltung seit zwei Jahren abgehalten. Die Dokumentation über den Chaos Computer Club, der rund um den nachdenklichen Pfadfinder Wau Holland entstanden ist, haben sich rund 20 Besucher aus allen Altersklassen mit angesehen.
Bevor es an den eigentlichen Film ging, erhielten noch zwei GRÜNE das Wort. Benjamin Adjei, Landtagsabgeordneter und dort Sprecher für Digitalisierung, besuchte den Garchinger Ortsverband, um die Bedeutung von Computern und dem Internet für unsere heutige Gesellschaft zu betonen. Auch wenn diese manchem offensichtlich scheint, ist Deutschland gleichzeitig weit abgeschlagen bei der Adaption von technischen Neuerungen, dem Netzausbau und der Verwendung von Computernsoftware überhaupt: noch bis letztes Jahr wurden für die Infektionszahlen für Corona mehrheitlich über Faxe an das RKI (Robert-Koch-Institut) übermittelt. Nachdem es für diese inzwischen zwar ein Online-Portal gibt, pfeifen die Meldungen bei anderen Infektionskrankheiten noch immer über -Telefonverbindungen, weiß Benjamin Adjei.
Er berichtet auch über die mangelhafte technische Umsetzung bei Apps zur Kontaktermittlung: die teure Luca-App, die besonders an gut besuchten Orten viel zu viele Kontakte anzeigt, die die Ermittlung von für Infektionen relevante Begegnungen oft sogar erschweren, wird deswegen auch nur ungern von den Gesundheitsämtern benutzt. Wenn die Technik sogar bremst, anstatt zu helfen, läuft es offensichtlich falsch!
Danach erzählte Robert Reinhard (Mitglied im Ortsverband) aus seinem Informatikstudium, in dem noch mit Lochkarten programmiert wurde und als Computer mit der Rechenleistung heutiger Smartphones (wie der Großrechner TR440) noch ganze Räume so groß wie den Theatersaal füllten; die Datenmenge eines 32GB Speichersticks hätte damals in einen 77km hohen Lochkartenstapel gestanzt werden müssen. Die technische Weiterentwicklung von Computern und Software läuft schon in der Anfangszeit so schnell, dass es oft schwer ist den Überblick zu behalten. Das Internet war zunächst noch ein ferner Traum und tragbar waren Computer noch lange nicht.
So ist auch der Chaos Computer Club einen weiten Weg gegangen, seit er sich in den 1980er Jahren formiert hat. In dieser Zeit mussten zwei Rechner einander anrufen, den Telefonhörer dabei auf einem Akustikkoppler für die Ein- und Ausgabe. Etwas später schon – dann mit Modem – konnte der CCC erste Sicherheitslücken im „Bildschirmtext“ (einer Art Vorläufer des Internets) der deutschen Post eindrucksvoll aufzeigen: die Rechner der Hamburger Sparkasse konnten die Hacker auf eine Zahlungspflichtige Seite umleiten und ihr eine Rechnung von fast 135.000 DM stellen; das Passwort war die Telefonnummer der Bank. Mit vergleichbaren Aktionen konnte der Club immer wieder auf sich aufmerksam machen, wie zum Beispiel einem Hack bei der NASA.
Der Film stellte die Anfangszeit, die Wau Holland federführend mitgestaltet hatte, kurzweilig und persönlich dar, mit schlauen Schnitten, vielen Interviews der Beteiligten aus der Zeit und auch aktueller, sowie viel Videomaterial aus den privaten Archiven der Mitglieder auf Super 8-Film. Die aufregende Geschichte des ersten deutschen Hackervereins war eine bewegte und ist nun seit 2021 in einem wertvollen und lohnenswerten Zeitdokument festgehalten, das man sich auch ohne großes Technikwissen gut ansehen kann.
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