Die Wärmewende kommt

Mit etwa 50 Teilnehmenden war das Thema „Wärmewende“ bisher einer der meistbesuchten „Grünen Stammtische“ in Garching.

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat gezeigt, welche politischen Kosten mit dem lange Zeit so billigen fossilen Erdgas einhergehen und wie unsicher eine Energieversorgung ist, die auf den ‚good will‘ von Despoten setzt. Klimapolitisch ist es ohnehin allerhöchste Zeit, die weitere Anreicherung unserer Atmosphäre mit den Klimagasen Kohlendioxid und Methan endlich zu beenden. Zum Glück gibt es auch bei der Frage der Wärmeversorgung längst erprobte Technologien, die den Umstieg von der fossilen Öl- oder Gasheizung auf eine klimafreundliche und langfristig günstigere Heizung mit erneuerbaren Energien ermöglichen.

Die zwei wichtigsten Formen der Wärmebereitstellung der Zukunft wurden bei einem „Grünen Stammtisch“ am 23. April mit etwa 50 Garchinger Bürger*innen diskutiert. Christian Maier, Geschäftsführer der Energie-Wende-Garching GmbH & Co KG (EWG), führte ins Thema „Wärmewende“ ein und berichtete begeistert von den großen Effizienzgewinnen, die mithilfe von Fernwärme und Wärmepumpe möglich sind. So ist bei einer Versorgung mit Geothermie-Fernwärme im Vergleich zu einer fossilen Heizung nur ein Zehntel der Primärenergie nötig, um dieselbe Wärmemenge bereitzustellen. Eine Wärmepumpe spare laut Maier immerhin noch einen Faktor zwei im Vergleich zu einer fossilen Heizung. Keine Hoffnung machen sollten Bürger*innen sich auf eine Heizung mit Wasserstoff: die werde nicht kommen und sei außerdem extrem ineffizient. Mehr als vier Mal so viel Primärenergie (je nach Stromherkunft) im Vergleich zu einer fossilen Heizung wäre dabei nötig. Auch warnte Maier vor dem übereilten Kauf einer neuen fossilen Heizung, wie ihn manche Menschen nun aufgrund der durch die Medien geschürten Unsicherheit mit dem neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) überlegen. Angesichts stark steigender CO2-Preise sei auch das eine Kostenfalle.

Im vergangenen Jahr habe die EWG etwa 50 Millionen Kilowattstunden an Wärme geliefert und konnte damit 12.500 Personen — Garchinger Bürger*innen sowie Geschäftskunden — versorgen. Durch eine weitere Bohrung und Investitionen von etwa 2.000 € pro angeschlossener Person möchte die EWG ihre Erzeugungskapazität bis 2030 vervierfachen und wird dann bis zu 50.000 Personen versorgen können, ausreichend für ganz Garching, seine Gewerbegebiete und den Forschungscampus. Allerdings werde es nicht ausreichen, um , das Fernwärmenetz in alle Winkel Garchings auszubauen.  Dies wäre ohnehin weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll. Der Anschluss an ein Einfamilienhaus ist technisch und kaufmännisch fast identisch mit dem Anschluss an ein Gebäude, welches hunderte Personen versorgt. Für die notwendigen Erdbewegungen und die Herstellung und Verlegung der Stahlrohre für eine Versorgung mit der EWG wird viel Energie benötigt und damit “graues CO2” produziert. Bei kleinen Abnehmern ist die laufende CO2 Einsparung aufgrund der Menge zu gering, um diesen Anfangs-Invest an Energie ökologisch zu verantworten. Für diese Häuser ist eine Versorgung durch Wärmepumpen sinnvoll. Eine detaillierte Planung der Wärmeversorgung in Garching, die so genannte kommunale Wärmeplanung, ist dringend notwendig und muss nun vom Stadtrat und der Stadtverwaltung angeschoben werden.

Den zweiten Impulsvortrag stellte Gloria Streib, Expertin für erneuerbare Energiesysteme beim Zentrum für Angewandte Energieforschung und aktiv bei „Klimaneutral 2035“ in Oberschleißheim, vor. Streib erläuterte zunächst die verschiedenen Arten von Wärmepumpen: die derzeit meist diskutierte Form, die Luft-Wasser-Wärmepumpe, ist besonders für den Einsatz im Bestand geeignet, da sie nur wenige bauliche Änderungen benötigt. Moderne Geräte schaffen auch höhere Vorlauftemperaturen und können daher auch im Altbau mit modernen Radiatoren problemlos eingesetzt werden. Dank der effizienten Nutzung von Umgebungswärme (auch bei -20 Grad enthält die Luft noch Wärme!), benötigt eine Wärmepumpe nur ca. ⅓ bis ¼ so viel an elektrischer Energie wie an Wärmeenergie abgegeben wird.

Effizienter wird der Einsatz einer Wärmepumpe aber in sanierten Gebäuden, bei der nicht „zum Fenster hinaus geheizt wird“, so Streib. Weitere Arten von Wärmepumpen nutzen die weitgehend konstante Temperatur des Erdreichs oder des Grundwassers, um ganzjährig Wärme für Warmwasser oder Heizung zur Verfügung zu stellen. Der Platzbedarf für eine Wärmepumpe ähnele dem eines großen Kühlschranks, zusätzlich werde Platz im Keller benötigt. Zu achten sei auf Abstandsflächen und Lärmschutz, wobei es mittlerweile Wärmepumpen gebe, die selbst in Reihenhaussiedlungen nach genauer Prüfung einsetzbar seien. Zum Schluss wies Streib noch auf die Bundesförderung für Wärmepumpen hin: bis zu 40% Förderung und kostengünstige Kreditlinien sind für den Umstieg auf eine Wärmepumpe erhältlich, womit die Kosten von etwa 35.000 € für viele Hausbesitzer tragbar gemacht werden sollen. Es wurde betont, dass niemand seine funktionierende Gas- oder Ölheizung nun abrupt „rausreißen“ müsse. Weil Wärme aber ein „langsames Geschäft“ ist, sei der Beginn des Umstiegs auf erneuerbare Energien auch im Wärmebereich nun dringend nötig. Wenn nun jedes Jahr jede zwanzigste Heizung ersetzt werde, wird das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 gelingen.

 

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